Es ist noch dunkel als der Wecker uns aus dem Schlaf reißt. Um 6.30 sollen wir abgeholt werden, aber wenn wir eh schon so früh aufstehen, können wir auch gleich noch die Gelegenheit nutzen den allmorgendlichen Almosengang der Mönche zu beobachten. Von unserem Guesthouse müssen wir nur eine Querstraße weiter und sehen dort Einheimische und Touristen am Wegesrand niederkniend, um den Hunderten von Mönchen aus der Umgebung Reis, Geld und andere Spenden in ihre umgehängten Behältnisse zu legen. Eine sehr alte Tradition die tagtäglich vor Sonnenaufgang stattfindet und viel für die Mönche und die Gläubigen bedeutet. Leider zieht dieses wirklich schöne und für uns so fremde Bild auch immer mehr Touristen an. Es gibt auf Schildern extra Verhaltensregeln, an die wir uns selbstvertständlich halten. Aber zu sehen wie andere (vor allem wieder die Südkoreaner) nur für ein Selfie dieses Ritual stören, sich nicht angemessen kleiden und es somit zu einer „Monk(ey)show“ werden lassen macht mich am frühen Morgen schon fassungslos.
Aber keine Zeit um uns aufzuregen, denn der Fahrer wartet bereits und bringt uns zur Anlegestelle der „Shempoo Cruises“. Nach dem ganzen unangenehmen Busfahrten, freuen wir uns auf zwei Tage an Bord dieses gemütlichen Bootes. Eigentlich wäre Platz für 70 Personen, doch wir sind nur 16 Leute – umso besser. Wir werden freundlich von unserem Guide Deng begrüßt, bekommen eine kurze Einführung und schippern dann gemütlich bei servierten Kaffee und Croissants los.
Flussaufwärts gleiten wir sanft für die nächsten 9 Stunden vorbei an grünen Landschaften, sehen hier und da mal Wasserbüffel, Fischer und nur selten ein Dorf. Zwischendrin stoppen wir bei einer Höhle in der – wie sollte es auch anders sein – viele Buddhas zu sehen sind. Wenn wir nicht einfach die Natur bestaunen, vertreiben wir uns die Zeit mit lesen, schlafen, einem Plausch mit den Mitreisenden oder Fragen Deng über sämtliche Sachen über Laos aus.
Am späten Nachmittag erreichen wir Pakbeng. Einem kleinen Ort im Nirgendwo. Doch hier muss jeder Reisende der von oder nach Luang Prabang denn Flussweg wählt für die Nacht bleiben. Nachts wäre es zu gefährlich zu fahren, denn da sieht man die Felsen im Fluss schlecht.
In Pakbeng gibt es wirklich nichts sehenswertes. Eine Pension reiht sich an die andere und dazwischen Restaurants oder Stände für den Reiseproviant. Wir trinken ein letztes Mal unser geliebtes Bier Lao und übernachten in einem sehr einfachen aber sauberen Zimmer.
Um 6.30 Uhr legen wir dann wieder ab um den zweiten Reisetag auf dem Boot zu beginnen. Müde kuscheln wir uns unter die ausgegebenen Flauschedecken und schlummern ein wenig weiter bis zum nächsten Zwischenstopp.
Wir besuchen ein Khmu-Dorf, eine ethnische Gruppe hier in Laos, die noch sehr einfach und abgeschieden lebt. Die Kinder kommen neugierig, aber zurückhaltend auf uns zu und man weiß nicht so recht wer hier wen beäugt. Deng erzählt uns, dass der Besitzer der Mekong-Fahrten hier finanziell hilft und dafür sorgt, dass eine Schule gebaut wurde und es Wasserfilter gibt. Im Gegenzug dazu halten hier die Touristen um etwas über das Leben der Khmu zu erfahren. Auch wir sind erstmal schüchtern und zurückhaltend, lächeln die Bewohner nett an und erfreuen uns an den vielen Tieren die hier frei herumlaufen. Hühner, Schweine, Ziegen und ein zwei nur wenige Tage alte Hundewelpen. Die Bambushüttchen sind sehr einfach und spärlich eingerichtet.
Die meisten Kinder sind zwar dünn, aber nicht abgemagert, denn zum Glück bietet der Mekong Fisch und im Grün dahinter wachsen Früchte und es wird Reis angebaut. Alle 2 Wochen kommt ein Boot vorbei, dass neben Töpfen und Klamotten ein kleines Sortiment an Süßigkeiten und Hygieneartikeln dabei hat. Heute ist also der „Markttag“ (4 Stände) an dem die Dorfbewohner einkaufen können. Die wenigsten besitzen Geld und so wird hier teilweise Federvieh und Reis gegen eine neue Bluse oder Hemd getauscht. Denn das brauchen die Kinder um hier ganz ordentlich die Schule zu besuchen. Auch wir schauen uns die 2 spärlich eingerichteten und kargen Klassenräume an und besuchen die Schulkinder. Es gibt 2 Lehrer die mit Hilfe von Spenden aus der Stadt kommen und hier unterrichten und etwa 40 Schüler. Die Schule ist freiwillig, es kommen mehr Mädchen als Jungen, wie uns Deng erzählt. Die Kids kichern, stehen wie wir etwas schüchtern da. Der Lehrer bittet die Kleinen uns ein Lied zu singen und wir sind ganz erstaunt wie quirlig und lauthals sie plötzlich mitsingen. Einige von uns haben Buntstifte dabei, die an die Kids verteilt werden. Man möchte so gerne so viel fragen, aber die Sprachbarriere ist zu groß. Maddis fotografiert ein paar Schüler und zeigt ihnen wie toll sie darauf aussehen. Und gerade als man das Gefühl hatte, dass das Eis etwas schmilzt, müssen wir uns schon wieder verabschieden. Noch ein paar „High Fives“, ganz viele „Goodbyes“ und mit viel Gewinke fahren wir weiter.
Danach sind alle an Bord nachdenklich und voller gemischter Gefühle. Einerseits ist es toll wie „naturnah“ und ohne Fernsehen, PlayStation und McDonalds sie aufwachsen, andererseits waren einige Kinder wirklich sehr dreckig, hatten Kleidung mit Löchern und wirkten sehr in sich gekehrt. Die Menschen kommen ohne all unseren modernen Kram aus und haben ein so komplett anderes Leben wie wir. Klar, war es interessant all das zu sehen, aber wie wirken wir auf sie und ist das gut wenn wir vorbei kommen?! Immerhin können durch unsere Touren die Schule finanziert werden und Deng sagt sie freuen sich einfach über die Abwechslung. Glauben wir ihm das mal.
Wie die Zukunft dieser Kinder wohl mal aussehen mag?! „Die meisten von ihnen heiraten mit 14 und bekommen ab da ein Haufen Kinder. Mit Reisanbau und auch mit dem jagen nach Elfenbein versuchen sie Geld zu verdienen und der ein oder andere wird durch die Schulbildung vielleicht doch die Chance auf einen Job in den Städten haben“, sagt uns Deng.
Auch er stammt eigentlich aus einem kleinen Dorf und er ist der erste der zur Schule gehen konnte – da er als Jugendlicher Mönch wurde. Seine Schwestern hingegen können weder schreiben noch lesen. Warum die Schule hier nicht Staatsaufgabe ist verstehe ich nicht. „Das Problem ist nach wie vor die Korruption. Viele Gelder – auch Spenden – landen nach wie vor in anderen Taschen“. Durch das Internet und Lernplattformen besteht zumindest in Zukunft vielleicht die Möglichkeit Neues zu lernen. Aber da es hier erst seit etwa 6 Jahren und auch nur in den größeren Städten und Dörfern Internet gibt, wird das auch noch dauern.
Und so verlassen wir Laos an der Grenze in Hua Xay mit der Hoffnung, das die Leute für immer so freundlich bleiben, die Nähe zur Natur nicht verlieren, aber etwas gegen die Korruption und die fehlende Schulbildung getan wird. Ach ja – und etwas Geld für die Ausbesserung der Straßen wäre toll 😉.
Beeindruckende Erlebnisse. Da wird einem bewußt, in welchem Wohlstand wir in Westeuropa (auch wenn es oft ein Hamsterrad oder Tretmühle sein kann) leben. Eine Mischung aus beiden Welten könnte reizvoll sein? Auch ich drücke den (unbekannten) Kindern die Daumen für ein besses Leben.
Sehr bewegend. Wir sollten für jeden Tag dankbar sein und es mehr schätzen wie gut es uns doch geht.
Das stimmt! Das wird einem in diesen Ländern noch bewusster!